Die Weltanschauung, die wir Gnostik bzw. Gnosis nennen, ist eine seit dem Ende des Altertums (und nicht erst seit Hochmittelalter) herrschende Überzeugung, dass die Wahrheit nur durch religiöse Offenbarung zugänglich ist. Mit anderen Worten: Nur das, was Gott uns durch Träume, Visionen, seine Propheten oder Kirchenvorsteher mitteilt, ist wahr. Sie steht entgegengesetzt zur anderen Weltanschauung, die wir Agnostik nennen. Diese meint, dass wir nichts erkennen können - die Wahrheit bleibt uns immer verborgen. Eine Verbindung von den beiden ergäbe ein Misstrauen gegenüber jeder Erkenntnis außer der Bibel, dem Koran etc. So ist es nicht verwunderlich, dass es Menschen gibt, die glauben, Fledermäuse wären Vögel, weil in der Bibel alles, was fliegen kann als Vogel bezeichnet wird. Durch das Pochen auf der eigenen religiösen Überzeugung, die unkritische Betrachtung der Offenbarung und andere - allzu menschliche - Motive wie Machtsucht etc kam es zu den bekannten Religionskriegen.
Um die Gnostik nicht schlecht zu reden, muss man anmerken, dass die meisten von uns ihr religiöses Leben und moralisches Handeln anhand von Ideen gestalten, die sie von anderen übernommen haben. Dies geht so lange gut, wie diese Ideale allgemein toleriert werden. Auch die Konfessionen und Weltreligionen halten an ihren Überzeugungen. Über den besten Weg zum Heil oder das Glück des Menschen kann man eben keine allgemein gültigen Aussagen treffen. Die folgenden Beispiele helfen uns solche Aussagen zu erkennen.
Ungläubige kommen in die Hölle. (Weltanschauung, die keinem Weh tut, lässt man gelten.)
strenge Auslegung des Koran Ungläubige sind zum Islam zu bekehren oder sie können getötet werden. (Vorwurf: Mangelnde Tolleranz aufgrund christlich-jüdischer Wertevorstellungen.)
Frauen können Pastorinnen oder Bischöfinnen werden. (evangelische Kirche: ein legitimer Glaube)
J. Card. Ratzinger: „Jegliche Weihehandlung bewirkt bei Frauen nichts - da sie keine Weihematerie darstellen - und ist somit ungültig.'' (Legitime Auslegung der Bibel und der kath. Tradition.)
Eine ledige muslimische Frau muss den Mann heiraten, den ihr Vater auswählt. (Was ist mit der Idee der Ehe als freiwillig wählbaren Lebensform? Würden wir dies tolerieren?)
Ob ihr glaubt oder nicht: Sonntag ist der erste Tag der Woche. Diese Erkenntnis ist in der Bibel - vor allem in der Ostererzählung nachzulesen!